Dez 112010
 

An einem kalten Herbsttag, als Tausende von Vögeln in Richtung Süden flogen, um dem Eis und dem Schnee des Winters zu entfliehen, beschloß eine kleine Drossel, nicht mitzufliegen. «Das ist doch nur Zeitverschwendung», überlegte sie sich. «Im nächsten Frühjahr muß ich den ganzen weiten Weg wieder zurückfliegen. » Doch bald brach eine besonders strenge Kälteperiode über das Land herein, und dem kleinen Vogel wurde klar,daß ihm nichts anderes übrigbleiben würde, als doch wegzufliegen. Er flatterte in den Himmel hinein; doch bald umhüllte ihn eisige Luft, seine kleinen Flügel erstarrten, und er stürzte zu Boden. Zum Glück landete sein fast schon lebloser Körper in einem großen Heuhaufen und rollte dann auf den harten Boden eines Viehgeheges. Gerade als das fast schon erfrorene Herz der kleinen Drossel aufhören wollte zu schlagen, kam zufällig eine der Kühe vorbei und ließ direkt auf den kleinen Vogel einen dampfenden Kuhfladen fallen. Der warme Mist hüllte den Vogel ein und rettete ihm das Leben; sein kleines Herz begann wieder kräftig zu pochen, und seine gefrorenen Flügel tauten auf Die Drossel freute sich, daß sie noch am Leben war, und begann ein schönes Lied vor sich hin zu zwitschern. Das Schicksal wollte es, daß dadurch die Katze des Bauern auf den Vogel aufmerksam wurde. Auf Samtpfoten schlich sie hinüber, untersuchte den Kuhfladen, entdeckte den kleinen Vogel und fraß ihn.

Aus dieser Geschichte können wir zweierlei lernen:
1. Nicht jeder, der uns mit Mist bewirft, muß deshalb gleich unser Feind sein.
2. Nicht jeder, der uns aus einer mißlichen Lage befreit, ist deshalb gleich unser Freund.

Autor:Aus „Die goldenen Regeln des friedvollen Kriegers“ von Dan Millman